Den Herrn auf uns zukommen lassen

Zu Beginn des Advents hören wir von Jesaja: „Eine Stimme ruft: In der Wüste bahnt den Weg des HERRN, ebnet in der Steppe eine Straße für unseren Gott! Jedes Tal soll sich heben, jeder Berg und Hügel sich senken. Was krumm ist, soll gerade werden, und was hüglig ist, werde eben. Siehe, GOTT, der Herr, kommt mit Macht, er herrscht mit starkem Arm.“ (Jes 40,3-4.10a)

Wir dagegen singen in der adventlichen Zeit der Weihnachtserwartung: „Wir sagen euch an den lieben Advent: Sehet, die erste Kerze brennt!“ Dazu kommen noch die Adventskränze, Kerzen, Tannengrün und Christkindlmärkte!

Ich frage mich: Wozu das alles? Lohnt es sich da für vernünftige und aufgeklärte Menschen, Advent zu feiern? Was meint christlicher Advent?

Advent ist viel mehr als nur all das Stimmungsvolle, Gemütliche und Niedliche.

Im Advent feiern wir zuerst eine geschichtliche Wirklichkeit, ein Ereignis, das wie kein anderes die Welt verwandelt hat und unser eigenes Leben bestimmt und mit Hoffnung erfüllt hat: Gott ist in Jesus in diese unsere Welt eingetreten. Seitdem dürfen wir singen: „Christ, der Retter ist da!”

Das hat für uns Menschen eine Konsequenz: Weil Gott in unserer Welt wirklich da ist, müssen wir mit ihm rechnen, müssen wir ihn in unserem Leben einkalkulieren. Wer Gott in seinen Planungen ausschaltet, der verrechnet sich, der geht an der entscheidenden Wirklichkeit der Welt vorbei. Läuft vielleicht so viel schief, weil wir vergessen, zuerst nach Gott und seinem Willen zu fragen?

Im Advent feiern wir auch seine immer neue Ankunft. Ja, es ist wahr: Gott ist in die Welt gekommen. Aber wir müssen uns fragen: Ist er schon bei uns angekommen? Oder gilt immer noch: „Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf”?

Ganze Erdteile leben wie in der Zeit „vor Christi Geburt”: sie kennen Christus noch gar nicht. Auch bei uns, im „christlichen” Europa, wohnt Christus immer noch „draußen im Stall”, am Rand, aber nicht in unseren Häusern und Ortschaften und auch nicht in unseren Herzen, weil wir immer noch „keine Herberge für ihn” haben.

Wir brauchen also den Advent, um „Berge abzutragen und Täler auszufüllen”, um ihm endlich Einlass zu gewähren und ihn hereinzurufen in unser Dunkel. Paulus ruft uns in diesem Advent wieder zu: „Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichtes. Lasst euch mit Gott versöhnen!”

Wir gehen doch der letzten Ankunft Christi entgegen: „Er wird wiederkommen in Herrlichkeit!” Auf diesen Advent, auf diese Ankunft warten wir beharrlich und vertrauend.

Wir fragen oft ängstlich und zaghaft: Was kommt auf uns zu? Was ist im Gange? Was tut sich in dieser Welt?

Die adventliche Antwort des Glaubens heißt: Christus kommt auf uns zu, Gott ist unterwegs.

Lassen wir den Herrn auf uns zukommen und bei uns ankommen.